Das Aderhautmelanom

Zuletzt aktualisiert: 16.04.2024 | Autor: Max Schlaak, Markus Heppt

Das Aderhautmelanom stellt für Erwachsene einen der häufigsten Tumore des Auges dar. Ursächlich ist eine bösartige Vermehrung von Pigmentzellen, die zu ca. 90% im Bereich der Aderhaut und in deutlich selteneren Fällen an der Iris und dem Ziliarkörper zu finden sind (siehe Abbildung 1 (1)).

Der Tumor ist mit ca. 4-7 betroffenen Patienten/1.000.000 Einwohner insgesamt selten, es erkranken pro Jahr in Deutschland etwa 350-600 Menschen, der Altersgipfel liegt bei ca. 50-60 Jahren (2,3).

Aderhautmelanome und Melanome, die an der Haut entstehen, unterscheiden sich grundlegend in ihrer Biologie. Im Gegensatz zu malignen Melanomen der Haut finden sich in Aderhautmelanomen nur wenige Mutationen, und die Treibermutationen unterscheiden sich von denen an der Haut. Bei Aderhautmelanomen werden bis zu 80% GNAQ oder GNA11 Treibermutationen nachgewiesen (4,5).

Der Nachweis einer Monosomie 3 oder inaktivierender Mutationen in BAP-1 haben einen Einfluss auf die Prognose der Erkrankung (4,5), werden im klinischen Alltag allerdings eher selten analysiert.

Eine neue Therapiemöglichkeit des metastasierten Aderhautmelanoms stellt Tebentafusp dar. In einer Phase III Studie für Patientinnen und Patienten mit metastasiertem Aderhautmelanom und einem bestimmten Zelloberflächenmarker (sogenannter positiver HLA-A 0201 Status) wurde Tebentafusp gegenüber Dacarbazin, Ipilimumab oder Pembrolizumab untersucht. Der Nachweis des genannten Markers ist notwendig für die Funktion des Medikaments und liegt bei ca. 30-40% der Bevölkerung in Mitteleuropa vor. Nach einem Jahr lebten 73% der Patientinnen und Patienten in der Tebentafusp-Gruppe und 59% in der Kontrollgruppe. Nebenwirkungen sind gerade am Anfang der Behandlung häufig aber in der Regel beherrschbar. Die Zulassung des Medikaments wird zeitnah erwartet, zum aktuellen Zeitpunkt (November 2021) besteht die Möglichkeit an der Teilnahme eines sogenannten “early access programs” an ausgewählten Universitätskliniken in Deutschland. Tebentafusp stellt damit eine deutliche Verbesserung in der Behandlung des metastasierten Aderhautmelanoms dar (6).

Das Aderhautmelanom ist insgesamt selten, stellt aber bei Erwachsenen einen der häufigsten Augentumore dar.

Abbildung 1: Schema des Auges mit möglichen Arealen, die betroffen sein können

Das Aderhautmelanom ist insgesamt selten, stellt aber bei Erwachsenen einen der häufigsten Augentumore dar.
Zwischen Melanomen an der Haut um im Auge bestehen große Unterschiede in der Tumorbiologie und in der Wirksamkeit von medikamentösen Therapien.
  • REFERENZEN
    • [1] Servier Medical Arts
    • [2] Mallone S, et al. Descriptive epidemiology of malignant mucosal and uveal melanomas and adnexal skin carcinomas in Europe. Eur J Cancer. 2012
    • [3] Coupland et al.: Molecular pathology of uveal melanoma. Eye (Lond). 2013
    • [4] Van Raamsdonk et al.: Frequent somatic mutations of GNAQ in uveal melanoma and blue naevi. Nature. 2009
    • [5] Van Raamsdonk et al.: Mutations in GNA11 in uveal melanoma. N Engl J Med. 2010
    • [6] Bechrakis et al.: Das uveale Melanom – standardisiertes Vorgehen in Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Klin Monbl Augenheilkd. 2021
    • [7] Nathan et al.: Overall Survival Benefit with Tebentafusp in Metastatic Uveal Melanoma. N Engl J Med. 2021
    • [8] Hassel et al.: Three-Year Overall Survival with Tebentafusp in Metastatic Uveal Melanoma. N Engl J Med. 2023
INTERESSENSKONFLIKTE

 Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.


Diagnostik Aderhautmelanom

Zuletzt aktualisiert: 16.04.2024 | Autor: Max Schlaak, Markus Heppt

Es ist darauf hinzuweisen, dass bei dieser seltenen Erkrankung noch keine allgemeinen Leitlinien vorliegen.

Patientinnen und Patienten mit Aderhautmelanomen können über unspezifische Symptome wie Sehstörungen, verschwommenes Sehen, Flimmern oder Einschränkungen des Gesichtsfeldes berichten. Manchmal wird die Diagnose auch im Rahmen einer Routineuntersuchung gestellt.

Sofern der Verdacht auf ein Aderhautmelanom vorliegt, können beim Augenarzt bzw. bei der Augenärztin oder den spezialisierten Zentren folgende Untersuchungen erfolgen:

  1. Erhebung der Krankengeschichte des Patienten
  2. Sehtest
  3. Messung des Augeninnendrucks
  4. Spiegelung des Augenhintergrunds
  5. Fotodokumentation/ Weitwinkelbildgebung
  6. Echographie
  7. Magnetresonanztomographie (MRT)
  8. Ggfls. feingewebliche Untersuchungen durch Probebiopsien
  9. Ggfls. molekulargenetische Aufarbeitungen für prognostische Information

Die Diagnose wird dann in der Regel klinisch, das heißt ohne Biopsie, gestellt.

Sofern die Diagnose gestellt wurde, sollte überprüft werden, ob die Erkrankung nur das Auge betrifft oder bereits Organabsiedelungen (=Metastasen) nachzuweisen sind. Da die Metastasierung in den meisten Fällen die Leber betrifft, werden Laboruntersuchungen (wie z.B. Bestimmung der Leberwerte) und bildgebende Untersuchungen der Bauchorgane (z.B. Sonografie der Leber) empfohlen.

Patienten mit der Diagnose eines Aderhautmelanoms beschreiben häufig unspezifische Symptome und Sehstörungen.
Die Diagnose des Aderhautmelanoms wird in der Regel klinisch gestellt.
  • REFERENZEN
    • [6] Bechrakis et al.: Das uveale Melanom – standardisiertes Vorgehen in Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Klin Monbl Augenheilkd. 2021
INTERESSENSKONFLIKTE

 Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.


Behandlung des Aderhautmelanoms

Zuletzt aktualisiert: 16.04.2024 | Autor: Max Schlaak, Markus Heppt

Sofern die Diagnose gestellt wurde, werden Sie die behandelnden Augenärzte bzw. Augenärztinnen über die Therapiemöglichkeiten informieren. Abhängig von der Lokalisation und der Größe des Tumors können verschiedene Therapieoptionen in Frage kommen.

Es können z.B. lokale Kontaktbestrahlungen eingesetzt werden, diese werden als Brachytherapie bezeichnet. Hier wird ein radioaktiv strahlendes Metallplättchen auf das Auge aufgebracht und nach einer bestimmten Zeit wieder entfernt. Darüber hinaus können Bestrahlungen des Auges mittels Protonen erfolgen. Weiterhin können das gesamte Auge operativ entfernt oder gezielte Bestrahlungen mittels Stereotaxie durchgeführt werden. Mit diesen Verfahren kann man in der Regel den Tumor intraokulär (=innerhalb des Auges) hervorragend kontrollieren.

Die Behandlung des Aderhautmelanoms richtet sich nach der Lokalisation und Größe des Tumors.
Verschiedene Therapieoptionen zur intraokulären Tumorbehandlung stehen zur Verfügung.
  • REFERENZEN
    • [6] Bechrakis et al.: Das uveale Melanom – standardisiertes Vorgehen in Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Klin Monbl Augenheilkd. 2021
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Nachsorge beim Aderhautmelanom

Zuletzt aktualisiert: 16.04.2024 | Autor: Max Schlaak, Markus Heppt

Die Nachsorge für Patienten und Patientinnen mit Aderhautmelanom ist noch nicht einheitlich geregelt.

Es sollte versucht werden, die Nachsorge am individuellen Risikoprofil des Aderhautmelanoms auszurichten. Leider ist das individuelle Risikoprofil nicht immer bekannt. Patienten bzw. Patientinnen mit einem hohen Risiko, (z.B. genetische Veränderungen, Tumorgröße) Metastasen zu bilden, sollten nach Möglichkeit häufiger kontrolliert werden. Nach Diagnose und Therapie des Primärtumors sollten alle Patienten eine regelmäßige Nachsorge erhalten, auch wenn die Dauer und Häufigkeit der Untersuchungen nicht standardisiert ist.

Als Kontrolluntersuchungen werden empfohlen:

  1. Abfrage von Allgemeinsymptomen
  2. Körperliche Untersuchung und Ganzkörperinspektion
  3. Bestimmung der Leberwerte alle 3-6 Monate
  4. Sonografische (Ultraschall-basierte) Kontrollen der Leber alle 3-6 Monate
  5. Augenärztliche Kontrolluntersuchungen
Die Nachsorge nach einer Behandlung des Aderhautmelanoms sollte sich an dem Risikoprofil orientieren.
Insbesondere Kontrollen der Leber sind wichtig.
  • REFERENZEN
    • [6] Bechrakis et al.: Das uveale Melanom – standardisiertes Vorgehen in Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Klin Monbl Augenheilkd. 2021
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Das metastasierte Aderhautmelanom

Zuletzt aktualisiert: 16.04.2024 | Autor: Max Schlaak, Markus Heppt

Im Fall einer Metastasierung empfiehlt sich eine Anbindung an ein Zentrum, an dem eine größere Anzahl von Patienten bzw. Patientinnen mit metastasierten Aderhautmelanom behandelt wird. Im Regelfall werden die Patientenfälle in einem interdisziplinären Gremium besprochen und gemeinsam Therapieempfehlungen vereinbart.

Sofern nur einzelne Metastasen vorliegen, kann ein operatives Vorgehen diskutiert werden. Wenn die Leber als häufigster Metastasierungsort alleine betroffen ist, können lokale Behandlungen an der Leber in Frage kommen. Eine lokale Behandlung bedeutet, dass die Therapie vor allem am betroffenen Organ wirksam werden soll und gesunde Organe möglichst geschont werden. Hier stehen verschiedene Behandlungen je nach Zentrum zur Verfügung, wie z.B. die transarterielle Chemoembolisation (TACE), die selektive interne Radiotherapie (SIRT), Chemosaturation der Leber und verschiedene andere Behandlungsformen. Eine eindeutige Präferenz für eine der Behandlungen gibt es aktuell noch nicht.

Wie bereits beschrieben wirken die medikamentösen Therapien nicht so effektiv wie bei Patienten bzw. Patientinnen mit Melanomen der Haut. Daher sollte ein individuelles Therapiekonzept erstellt werden und eine Teilnahme an einer klinischen Studie besprochen werden.

Eine neue Therapiemöglichkeit des metastasierten Aderhautmelanoms stellt Tebentafusp dar. In einer Phase III Studie für Patientinnen und Patienten mit metastasiertem Aderhautmelanom und einem bestimmten Zelloberflächenmarker (sogenannter positiver HLA-A 02:01 Status) wurde Tebentafusp gegenüber Dacarbazin, Ipilimumab oder Pembrolizumab untersucht. Der Nachweis des genannten Markers ist notwendig für die Funktion des Medikaments und liegt bei ca. 30-40% der Bevölkerung in Mitteleuropa vor. Nach einem Jahr lebten 73% der Patientinnen und Patienten in der Tebentafusp-Gruppe und 59% in der Kontrollgruppe. Nebenwirkungen sind gerade am Anfang der Behandlung häufig, aber in der Regel beherrschbar (7). Basierend auf diesen Studienergebnissen wurde Tebentafusp (Handelsname Kimmtrak) im April 2022 in der EU zur Behandlung des metastasierten Aderhautmelanoms zugelassen. Es handelt sich dabei um eine Infusionstherapie, die einmal wöchentlich verabreicht wird. Kürzlich wurden auch Ergebnisse der Studie nach einer dreijährigen Nachbeobachtungszeit veröffentlicht. Nach dieser Zeit war das mittlere Gesamtüberleben im Behandlungsarm mit Tebentafusp 21,6 Monate gegenüber 16,9 Monaten in den Vergleichsgruppen. Nach 3 Jahren waren im Durchschnitt noch 27% am Leben, in den Vergleichsarmen nur 18%. Tebentafusp stellt damit eine deutliche Verbesserung in der Behandlung des metastasierten Aderhautmelanoms mit einer gut belegten Verbesserung des Gesamtüberlebens dar (8).

Im metastasierten Stadium stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung. Häufig werden bei einem alleinigen Befall der Leber lokale Therapieverfahren eingesetzt.
Bei Nachweis des HLA-Typs 02:01 im Blut ist die zugelassene Standardtherapie Tebentafusp.
  • REFERENZEN
    • [1] Servier Medical Arts
    • [2] Mallone et al.: Descriptive epidemiology of malignant mucosal and uveal melanomas and adnexal skin carcinomas in Europe. Eur J Cancer. 2012
    • [3] Coupland et al.: Molecular pathology of uveal melanoma. Eye (Lond). 2013
    • [4] Van Raamsdonk et al.: Frequent somatic mutations of GNAQ in uveal melanoma and blue naevi. Nature. 2009
    • [5] Van Raamsdonk et al.: Mutations in GNA11 in uveal melanoma. N Engl J Med. 2010
    • [6] Bechrakis et al.: Das uveale Melanom – standardisiertes Vorgehen in Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Klin Monbl Augenheilkd. 2021
    • [7] Nathan et al.: Overall Survival Benefit with Tebentafusp in Metastatic Uveal Melanoma. N Engl J Med. 2021
    • [8] Hassel et al.: Three-Year Overall Survival with Tebentafusp in Metastatic Uveal Melanoma. N Engl J Med. 2023
INTERESSENSKONFLIKTE

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