Narben

Zuletzt aktualisiert: 18.10.2023 | Autor: Annett Bennewitz

Die Ursachen von Narben können mannigfaltiger Natur sein. Nicht nur nach operativen Eingriffen, sondern auch nach anderen mechanischen Einwirkungen setzt als Reaktion eine Defektheilung ein. Auch entzündliche oder infektiöse Erkrankungen können zur Zerstörung des Bindegewebes in der Lederhaut sowie der Hautanhangsgebilde (Haare, Talg- und Schweißdrüsen) führen. Exemplarisch sei die häufig bei Jugendlichen auftretende Akne zu nennen, die im Gesicht schüsselförmig eingesunkene Narben hinterlassen kann. Auch ein banaler Insektenstich kann sich zu einem dauerhaften Hautdefekt und einer lebenslang bestehenden Narbe entwickeln. Insbesondere die vorgeschädigte Haut, z.B. durch langjährige Applikation von Kortison oder die klassische Altershaut, ist empfindlich für Narben nach geringfügigen mechanischen Verletzungen. Besonders bemerkenswert ist, dass Wunden bei Säuglingen spurlos verschwinden können. Es wird vermutet, dass die Haut in den ersten Lebensmonaten noch sehr weich und dehnbar ist. Erstaunlicherweise sind aber auch bei betagten Patienten häufig nur sehr gering ausgeprägte OP-Narben zu beobachten. Durch die faltenreiche Haut stehen die Wunden nach dem chirurgischen Eingriff unter einer nur sehr geringen Spannung. Zudem atrophieren alle Narben im Alter und imponieren als flache Residuen. In verschiedenen Untersuchungen entdeckten Forschende, dass Dehnungssignale einen sogenannten YAP-Signalweg aktivieren. Über die Bildung von im Zellkern aktiven Transkriptionsfaktoren („Engrailed-1“) werden Bindegewebszellen (Fibroblasten) stimuliert. Diese produzieren zügig kollagene Fasern, die ungeordnet und straff den Defekt ausfüllen. Dagegen fehlen elastische Fasern weitestgehend. Das Resultat ist ein faserreiches, derbes Ersatzgewebe, welches mit verminderter funktioneller Belastbarkeit einhergeht. Als mögliche Erklärung, warum sich dieser komplexe und schnelle Reparaturmechanismus in der Evolution durchgesetzt hat, dient die Tatsache, dass damit die Wunde in kurzer Zeit verschlossen ist. Damit wird das Risiko von Infektionen deutlich minimiert. Jedoch ergeben sich dadurch Nachteile, wie beispielsweise Schmerzen, Lymphabflussstörungen und eingeschränkte Beweglichkeit. Gelegentlich berichten Patienten auch über Juckreiz.

Somit können Narben nicht nur als ästhetisch störend empfunden werden, sondern auch funktionell beeinträchtigend sein.

Wünschenswert wäre deshalb ein therapeutischer Ansatz, welcher eine Narbenbildung nach Verletzungen verhindern könnte und zugleich eine Regeneration normaler Haut mit intakten Hautanhangsgebilden zur Folge hätte. 2021 gelang es einem amerikanischen Wissenschaftsteam, bei Mäusen den YAG-Signalweg medikamentös zu hemmen. Die Ergebnisse waren vielversprechend und überzeugend. Narbenlose, normale Haut mit intakten Haarfollikeln und Drüsen war nachweisbar. Jedoch müssen weitere experimentelle und klinische Studien folgen, um zu prüfen, ob eine Anwendung auch am Menschen wirksam ist.

Empfehlungen zum Verhalten nach Fadenzug

Zunächst empfehlen wir nach der Operation, den ersten und ggf. zweiten Verbandswechsel unter ärztlicher Obhut durchführen zu lassen. Ihr/e betreuende/r Arzt/Ärztin wird anschließend die weitere Wundversorgung festlegen. Zur Krustenlösung und Beschleunigung der Wundheilung kann unterstützend 1-2 x täglich eine parfümfreie Lotion, Creme oder Salbe (zum Beispiel mit dem Wirkstoff Dexpanthenol) aufgetragen werden. Unbedingt zu beachten ist, dass das Auftragen hauchdünn erfolgt, um Okklusionseffekte und damit eine mögliche bakterielle Superinfektion (Impetiginisierung) zu vermeiden.

Tipp: Zur Krustenlösung Dexpanthenol-haltige Wund- und Heilsalben nur hauchdünn auftragen.

Nach kompletter Entfernung des Nahtmaterials und restlos verschlossener Wunde kann mit einer Massage der Narbe begonnen werden. Empfehlenswert ist zunächst das Auftragen einer parfümfreien Creme, Lotion oder Salbe, um die Gleitfähigkeit zu erhöhen. Anschließend sollte für 10 Minuten mit kreisförmigen Bewegungen der Fingerspitzen die Narbe sanft massiert werden. Idealerweise ist diese flankierende Maßnahme 2-3 x täglich durchzuführen. Mit zunehmender Reifung der Narbe kann der Druck kontinuierlich erhöht werden. Durch eine regelmäßige Narbenmassage kann die Elastizität der Haut im Bereich der Narbe gesteigert und derbe, verbackene und kosmetisch störende Narben können vermieden werden. Wichtig ist der Hinweis, erst nach vollständiger Wundheilung die Narbenmassage zu beginnen, um ein Auseinandergehen der Naht (Nahtdehiszenz) zu vermeiden.

Tipp: Narbenmassage 2-3 x tgl. für 10 Minuten nach Fadenzug erhöht die Elastizität der Narbe.

Es ist seit langem bekannt, dass sportliche Aktivitäten die Wundheilung beschleunigen. Körperliche Aktivitäten führen zu einer verbesserten Durchblutung und dadurch erhöhten Sauerstoffversorgung der Wunde, was zur Optimierung der regenerativen Prozesse beiträgt. Gleichwohl sollten die jeweilige Sportart und die anatomische Lokalisation der Narbe miteinander abgestimmt werden. So sollte beispielsweise bei einer Narbe im Schulterbereich auf eine andauernde Anspannung der Muskulatur bei statischer Muskelarbeit (Gewichtheben, Bodybuilding) für mindestens 12 Wochen verzichtet werden. Des Weiteren sollte das Heben schwerer Lasten vermieden werden, denn die Wundheilung der Oberhaut ist zwar nach 7-10 Tagen abgeschlossen, die darunter liegende Lederhaut allerdings erreicht erst nach 3 Monaten eine Festigkeit und Stabilität von etwa 90%. So ist es auch vernünftiger, bei Wunden an den Unterschenkeln für einige Wochen intensives Joggen zu pausieren, um die kosmetisch unschönen Nahtdehiszenzen zu vermeiden.

Tipp: Moderater Sport mit Augenmaß fördert die Wundheilung, exzessiver Sport ist kontraproduktiv.

Regelmäßiges Rauchen, sowohl vor als auch nach der Operation, erhöht das Risiko für Wundheilungsstörungen. Statistisch belegt ist die Rate an Infektionen und Nekrosen (avitales Gewebe). Als ein Pathomechanismus von mehreren wird die Verengung der Blutgefäße mit Minderperfusion der Haut angesehen. Einheitliche Empfehlungen zur Nikotinkarenz vor und nach geplanten operativen Eingriffen existieren bedauerlicherweise nicht. Wenn mehrere Wochen vor und nach der Operation auf das Rauchen verzichtet werden kann, werden die komplexen reparativen Mechanismen der Wundheilung gestärkt. Auch eine ausgewogene, vitamin- und proteinreiche Ernährung ist einer raschen Wundheilung zuträglich.

Tipp: Mehrwöchige Nikotinkarenz prä- und postoperativ unterstützt positiv die Wundheilung.

Verschiedene Noxen (beispielsweise mechanische, chemische Reize oder entzündliche Prozesse) führen über eine Zytokinausschüttung zu einem allgemeinen Reaktionsmuster, welches eine verstärkte Pigmentierung der Haut triggern kann. Prädisponierend sind Hauttypen der Klasse III - VI. Im Narbengewebe selbst sind keine Melanozyten ( pigmentproduzierende Zellen) nachweisbar, sodass hier kein Selbstschutz mehr vorhanden ist. Da die bräunlich – schwärzlichen Verfärbungen auch über Monate bis Jahre persistieren können, sollte prophylaktisch postoperativ ein konsequenter UV-Schutz eingehalten werden. Textiler Sonnenschutz oder Sonnenschutzprodukte mit hohem Lichtschutzfaktor sind empfehlenswert. Sowohl für die Vermeidung einer Hyperpigmentierung der Wundumgebung als auch zum Schutz der pigmentfreien Narbe ist ein Sonnenschutz essentiell.

Tipp: Konsequenter postoperativer UV-Schutz verhindert Dyspigmentierungen.

Externa und deren Wirkstoffe zur Narbenpflege

Dexpanthenol: Provitamin mit wundheilungsfördernden Eigenschaften
Allantoin: fördert die Epithelbildung und beschleunigt die Regeneration
Kampher: durchblutungsfördernd
Heparin: durchblutungsfördernd, entzündungshemmend
Harnstoff: versorgt die Haut mit Feuchtigkeit
Silikon: vermutlich kommt es durch Okklusionseffekte zur verstärkten Hydratisierung der Keratinozyten mit Normalisierung der Kollagenproduktion
Zwiebelextrakt: antiproliferativ, entzündungshemmend, bakterizid, regenerationsfördernd

Klassifizierung von Narbentypen

Narben können entsprechend ihres ästhetisch klinischen Bildes in fünf Arten eingeteilt werden:

  • Fibröse („physiologische“) Narbe
  • Sklerotische Narbe
  • Schüsselförmig eingesunkene Narbe
  • Hypertrophe Narbe
  • Keloide

Die fibröse Narbe ist weich, glatt, nicht abgesunken oder erhaben. Sklerose leitet sich aus dem Altgriechischen ab und bedeutet „hart“. Diese Narben sind somit im Gegensatz zu fibrösen Narben hart, unelastisch und weisen eine Schrumpfungstendenz auf. Schüsselförmige Narben liegen unter dem Hautniveau. Die häufigste Ursache ist eine Akne vulgaris. Eine überschießende Bindegewebsneubildung führt zu einer wulstartigen Narbe. Ist diese auf die Wundränder begrenzt, wird eine hypertrophe Narbe diagnostiziert, werden die Wundränder überschritten, erfolgt die Klassifizierung in die Kategorie der Keloide.

Beispiel einer fibrösen Narbe an der Wange nach Exzision eines Basalzellkarzinomes

Ausgangsbefund Basalzellkarzinom
Ausgangsbefund: rote Linie markiert das Basalzellkarzinom

Befund Dehnungslappenplastik
Befund: 5 Monate postoperativ; Z.n. Dehnungslappenplastik

Lentigo Maligna
Beispiel einer fibrösen Narbe an der Wange nach Exzision einer Lentigo maligna

Verschiebelappenplastik
Befund: 1 Monat postoperativ; Z.n. Verschiebelappenplastik

Narben
Hypertrophe Narbe

Korrekturmöglichkeiten von physiologischen und pathologischen Narben – ein Überblick

Das endgültige klinische Erscheinungsbild einer Narbe hängt von multiplen Faktoren ab. Einerseits bestimmen intraoperative Prozeduren (Nahttechniken, Umfang der Wundrandmobilisierung, frühe lokale Komplikationen) andererseits die individuelle Wundheilung das spätere kosmetisch ästhetische und funktionelle Ergebnis. Zudem beeinflusst der Umfang der durchgeführten Operation die spätere Narbenformation. So kann zum Beispiel bei sehr oberflächlicher, tangentialer Abtragung einer aktinischen Keratose eine Restitutio ad integrum (vollständige Abheilung) erreicht werden. Hingegen ist verständlich, dass eine weiträumige Melanomexzision mit entsprechendem Sicherheitsabstand horizontal und vertikal bis zur Muskelfaszie mit entsprechender Narbenbildung einhergeht. Auch die Lokalisation einer Narbe ist kein unwesentlicher Parameter für das spätere klinische Bild. Exemplarisch sei dafür die Keloidneigung am Sternum oder Ohr genannt. Als weitere modifizierende Faktoren seien das Lebensalter, Hauttyp, Geschlecht und individuelle, genetisch determinierte Wundheilungsprozesse zu erwähnen. Zusammenfassend kann konstatiert werden, das präoperativ keine Vorhersage über die endgültige Narbenformation gegeben werden kann.

Die Narbenheilung läuft in drei Phasen (eine entzündliche, eine proliferative und eine regenerative) ab.

Frische Narben verändern sich und der Zeitraum bis zum kompletten Abschluss der Wundheilung ist ebenfalls individuell sehr unterschiedlich. Als grobe Orientierung kann man von einem Zeitintervall zwischen 1-2 Jahren ausgehen. Konsequenterweise sollte auch diese Zeitspanne vor geplanter Intervention abgewartet werden, um eine Überkorrektur zu vermeiden. Ist jedoch das psychische oder physische Wohlbefinden durch störende Narben massiv beeinträchtigt oder liegen funktionelle Behinderungen vor, ist ein Abweichen von dieser Faustregel möglich.

Allerdings gilt als oberste Prämisse bei der Narbenkorrektur: Geduld ist gefragt.

Folgend ein kurzer Überblick über die zur Verfügung stehenden therapeutischen Korrekturmöglichkeiten, um ein für den Patienten zufriedenstellendes, kosmetisch unauffälliges, ästhetisch ansprechendes oder gar funktionales Ergebnis zu erreichen. Da multimodale Therapieansätze sich als optimal herausgestellt haben, ist eine individuelle Beratung durch einen spezialisierten und versierten Facharzt unabdingbar.

Durch eine verzögerte Resorption von subcutanem Nahtmaterial können Fremdkörpergranulome auftreten. Hier kann meistens mit der Pinzette oder aber durch eine kleine Inzision der Faden entfernt und Abhilfe geschaffen werden.

Nach gestielten Lappenplastiken können sogenannte Mismatchphänome auftreten. Die Stufenbildung, also die Unterbrechung der Oberflächenkontinuität, wird als sehr störend empfunden. Zum einen kann mit Füllsubstanzen (bsp. Kollagen, Hyaluronsäure) versucht werden, eine eingesunkene Narbe zu heben. Zum anderen können über dem Hautniveau liegende Lappenplastiken in einer Revisionsoperation ausgedünnt werden.

Liegen sehr breite Narben vor, die u.a. nach vorheriger Nahtdehiszenz aufgetreten sind, ist eine schmale Exzision der Narbe mit mehrschichtiger, spannungsfreier Wundrandadaption möglich.

Sklerotische Narben weisen eine nicht unwesentliche Neigung zum Schrumpfen auf. Über Gelenken kann dies zu Kontrakturen und funktionellen Sekundärschäden führen. Spezielle plastisch-operative Techniken (z.B. Z-Plastik) reduzieren die Zugkräfte deutlich.

Gelegentlich bilden sich im Randbereich einer Narbe und deren Umgebung feine Gefäßerweiterungen, sogenannte Teleangiektasien. Sie können so dicht angeordnet sein, dass eine homogene Rötung entsteht. Als therapeutische Option verfügbar sind diverse Lasersysteme (gepulste Farbstofflaser, langgepulste KTP-Nd:YAG-Laser, Diodenlaser).

Ablative Laser (CO2,Er:YAG, ER:YSGG und Thuliumlaser) können eingesetzt werden, um scharfkantige Narben kosmetisch unauffälliger erscheinen zu lassen. Physikalisch nutzt man hierbei das Prinzip, dass Licht weniger hart an flachen Narbenrändern gebrochen und damit insgesamt die Narbe dezenter wahrgenommen wird. Ein identischer Effekt wird ebenfalls durch die Dermabrasion (operatives Schleifen der Haut mit Diamantschleifkopf) erreicht.

Allerdings gilt zu beachten, dass als unerwünschte Wirkung De- und Hyperpigmentierungen auftreten können.

Aufgrund der Komplexität einer Therapie von hypertrophen Narben und Keloiden existiert eine 2021 aktualisierte Leitlinie. Verschiedene Behandlungsoptionen (Injektion von Triamcinolon in Kristallsuspension, Kryotherapie, Druck- und Laserbehandlung, Microneedling, Röntgenweichstrahltherapie, Silikonpräparate) werden, teilweise auch kombiniert, stadiengerecht eingesetzt.

Zu guter Letzt: Camouflage. Camouflage stammt aus dem Französischen und bedeutet Tarnung oder Verhüllung. Mit dem langanhaltenden, aus speziellen Wachssorten zusammengesetzten Make-up können unschöne Narben hervorragend abgedeckt und kaschiert werden.

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1. Die endgültige Narbenformation wird von multiplen Parametern determiniert und kann präoperativ nicht vorhergesagt werden.
2. Narbenkorrekturen sollten nicht verfrüht eingeleitet werden, ausgenommen sind funktionelle oder massiv ästhetische Beeinträchtigungen.
3. Eine polypragmatische Vorgehensweise der Narbentherapie ist optimal.
  • REFERENZEN
    • [1] Operative Dermatologie, Petres Rompel, 2. Auflage Braun-Falco´s Dermatologie und Allergologie, 6. Auflage
    • [2] Braun-Falco´s Dermatologie und Allergologie, 6. Auflage
    • [3] AWMF online: Leitlinie "Therapie pathologischer Narben (hypertrophe Narben und Keloide)"
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 Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.

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